Eine Abmahnung ist ein Mittel zur außergerichtlichen Streitbeilegung. Sie soll dem Abgemahnten die Möglichkeit geben, eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden. Abmahnschreiben können sich auf die verschiedensten Rechtsverstöße beziehen und werden häufig im Wettbewerbsrecht und im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes eingesetzt.
Doch nicht jede Abmahnung ist berechtigt
Nicht selten kommt es vor, dass Abmahnungen zu Unrecht ausgesprochen werden. Dies kann der Fall sein, wenn tatsächlich gar kein Rechtsverstoß vorliegt oder der Abmahnende nicht aktivlegitimiert ist, also gar nicht berechtigt ist, eine solche Abmahnung auszusprechen.
Auch kommt es immer wieder zu sog. Fake-Abmahnungen
Hierbei geben sich unberechtigte Dritte bspw. als Vertreter einer existierenden oder gar erfundenen Rechtsanwaltskanzlei aus und fordern von der abgemahnten Partei neben einer Unterlassung des vermeintlichen Rechtsverstoßes zudem Schadensersatz/Aufwendungsersatz. Sie erhoffen sich, teilweise auch sensible Daten abgreifen zu können. Insofern ist Vorsicht geboten!
Aktuelles Beispiel: Angebliche Abmahnung durch „Rechtsanwaltskanzlei Bardehle Pagenberg, Rechtsvertreter von Kontor Records“
Als abmahnende Partei wurde im vorliegenden Schreiben die Rechtsanwaltskanzlei Bardehle Pagenberg genannt. Sie agiere im vorliegenden Fall angeblich als Rechtsvertreter von Kontor Records. Gegenstand des Abmahnschreibens war eine vermeintliche Verletzung des geistigen Eigentums auf der Plattform Meta Business Suite.
Als rechtliche Grundlage wurde auf ein Gesetz über geistiges Eigentum (Nr. 50/2005/QH11) sowie eine Verordnung (Nr. 105/2006/NĐ-CP) und „Andere relevante rechtliche Bestimmungen“ verwiesen.
Die abgemahnte Partei wurde dazu aufgefordert, die Verletzung sofort zu beenden und den verletzen Inhalt von allen Plattformen zu entfernen. Zudem solle sie einen Bericht zur Verfügung stellen, in dem sie über die Verletzung und die damit einhergehenden Einnahmen zu informieren habe. Sofern die abgemahnte Partei den Forderungen nicht nachkomme, könne dies die Einleitung eines Klageverfahrens sowie eine Schadensersatzforderung gem. gesetzlicher Bestimmungen nach sich ziehen.
In dem uns vorliegenden Fall handelte es sich um ein Schreiben, das zwar den Anschein erwecken sollte, von der benannten Kanzlei zu stammen, tatsächlich jedoch von einem unberechtigten Dritten versendet wurde.
Tipps zur Erkennung einer Fake-Abmahnung
Auch Fake-Abmahnungen werden immer besser und trotzen teilweise Filterfunktionen und automatischer Spamerkennung. Es lässt sich also nicht immer leicht erkennen, ob es sich um eine „echte“ oder „falsche“ Abmahnung handelt.
Wir möchten Sie auf einige Anzeichen aufmerksam machen, bei denen Sie stutzig werden sollten.
1. Fehlerhafte Angaben zum Absender
Prüfen Sie stets die Angaben zum Absender (Abmahner) und gleichen Sie diese mit recherchierten Daten ab. Oftmals hilft hier schon eine Suche über Google. Insbesondere auffällige URL, ausländische Domains, Abkürzungen und kostenlose Provider sollten eine genauere Prüfung nach sich ziehen.
2. Fehlende Ausführungen zur Rechtsgrundlage und fehlende Nachweise
Seriöse Abmahnungen enthalten in der Regel konkrete Ausführungen zum Abmahngegenstand. Sie weisen auf konkrete Rechtsgrundlagen hin und verfügen über entsprechende Nachweise des Verstoßes (z.B. Screenshots).
3. Fehlende Unterlassungserklärung
Einem seriösen Abmahnschreiben wird regelmäßig bereits ein Muster einer Unterlassungserklärung beigefügt. Sofern das Schreiben jedoch vorranigig auf die Leistung einer Zahlung abzielt, sollte Ihr Misstrauen geweckt sein.
Doch Achtung: Auch eine beigefügte Unterlassungserklärung sollte nicht ungeprüft abgegeben werden. Da diese Muster oftmals zu weit formuliert sind, schränken sie die abgemahnte Partei über das erforderliche Maß hinaus ein.
4. Unüblich kurze Fristen (Druckaufbau)
Die im Zusammenhang mit Abmahnungen gesetzten Fristen sind oft kurz bemessen. Werden jedoch unüblich kurze Fristen wie bspw. „sofort“ oder „innerhalb eines Tages“ verlangt, könnte es sich um ein Indiz für eine Fake-Abmahnung handeln. Die kurze Frist soll in einem solchen Fall den Druck auf die abgemahnte Partei erhöhen und sie an einer gründlichen Prüfung insb. unter Hinzuziehung rechtlicher Beratung hindern.
5. Zahlung auf ausländische Konten und auffällige Zahlungsmehoden
Auch eine Aufforderung, Zahlungen auf ein ausländisches Konto zu leisten, kann ein Indiz für eine Fake-Abmahnung darstellen. Bitte beachten Sie jedoch, dass sich insb. bei internationalen Rechteinhabern auch ein Konto im Ausland befinden kann. Es empfiehlt sich also wie auch hinsichtlich der anderen Aspekte stets eine Prüfung des Einzelfalls.
6. Formalien und sprachliche Korrektheit
Sollte eine Abmahnung auffällig viele Rechtschreib- und Grammatikfehler aufweisen, lohnt es sich auch hier nochmals eine Seriositätsprüfung vorzunehmen.
Wichtig: Bei dem Verdacht auf das Vorliegen einer Fake-Abmahnung sollten Sie ungeprüft keine Anhänge oder Links öffnen, da diese möglicherweise Schadsoftware enthalten könnten.
Sie haben eine (Fake-)Abmahnung erhalten? Wir geben Ihnen Tipps für Ihr weiteres Vorgehen.
Bitte beachten Sie, dass „echte“ Abmahnungen und auch Fake-Abmahnungen nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollten. Auch die in echten und berechtigten Abmahnungen enthaltenen Fristen sind oft kurz bemessen und ein schnelles, aber gleichwohl bedachtes Handeln ist gefragt.
Wichtig ist, dass Sie trotz der akuten Situation und des Zeitdrucks niemals ungeprüft eine der Abmahnung beigefügte Unterlassungserklärung unterzeichnen und auch nicht ungeprüft die geforderte Summe zahlen sollten.
Wir unterstützen Sie gerne bei der Prüfung, ob es sich um eine „echte“ und berechtigte Abmahnung handelt und welche rechtlichen Reaktionsmöglichkeiten in Ihrem konkreten Fall bestehen.